Seit dem vergangenen Jahr beeinflusst die Pandemie die Logistik in einem außergewöhnlichen Maße. Deshalb ist die gesamte Transportbranche mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Gewohnte Lieferzeiten sowie Kostenstrukturen gelten aktuell in vielen Fahrtgebieten nicht mehr und müssen neu strukturiert werden. Im Fokus hierbei stehen die folgenden Punkte:
Equipment
Weder in den Seehäfen noch in den Inlandsdepots der Reeder ist ausreichend Leer-Equipment vorhanden. Der Grund dafür ist in erster Linie ein hohes Frachtaufkommen im Transpazifik- und Westbound-Verkehr von Asien nach Europa. Dazu kommt, dass in den USA das hohe Importvolumen in den Seehäfen (vor allem an der US-Westküste und Savannah an der Ostküste) nicht mehr abgefahren werden kann. Tausende beladende Container warten dort auf Anlandung, Weitertransport und Rückführung der Leercontainer in den Kreislauf. Der Grund dafür: Schlechte Infrastruktur insbesondere bei der Bahn und in den Häfen, seit Jahren nicht ausreichende LKW-Kapazitäten und eine pandemiebedingte Reduzierung der verfügbaren Schichten und Arbeitskräfte.
Eine große Rolle spielt auch das immer noch sehr hohe Frachtaufkommen aus Asien. Die Reeder versuchen dort den Bedarf an Leerequipment zu decken, indem ein großer Teil der vorhandenen Leercontainer dort zur Verfügung gestellt wird. Nicht zuletzt motiviert durch die dort zu erzielenden sehr attraktiven Seefrachtraten.
Auch wenn sich im Moment die Situation in Asien etwas entspannt und die Raten im April im Vergleich zum Jahresanfang etwas nachgeben, wird uns diese Situation noch lange begleiten. Was bedeutet das für den Export aus Europa?
GRI / Ratenentwicklung im Export:
Während die Raten aus Asien im Vergleich zu den Vormonaten etwas nachgeben, sind ab April 2021 weitere starke Ratenerhöhung für fast alle Fahrtgebiete angekündigt. Zuschläge wie Equipment Imbalance Surcharge (EIS) oder Peak Season Surcharge (PSS) erhalten Einzug in die Ratenstruktur oder werden nach oben angepasst. Vor allem betroffen sind die Seefrachten in Richtung USA und Asien. Aus den Problemen im FCL Bereich resultieren auch Preiserhöhungen im LCL Bereich.
Im Stückgutbereich (LCL) tritt zurzeit noch ein weiteres Phänomen auf. Mangels zeitnaher Abfahrtsmöglichkeiten und fehlendem Leerequipment werden immer mehr Sendungen, die unter normalen Umständen FCL verladen werden, aufgeteilt und als LCL Sendungen gebucht. Auch die Stückgutreeder (NVOCC) bekommen keine weiteren Container zum Abfahren der Seefrachten zur Verfügung gestellt. Darum gehen die NVOCC im Moment sogar dazu über, gerade große und schwere Sendungen abzulehnen. Bei unseren eigenen Diensten (Chicago, Cleveland, New York und Savannah) sind im Moment noch keine generellen Einschränkungen geplant. Alternativ bietet Interfracht die Möglichkeit zur Ro/RO Verschiffung an.
Schiffsverzögerungen
Zu den erhöhten Seefrachtraten und dem Mangel an Leerequipment, ist die verladene Wirtschaft noch mit starken Verzögerungen der Schiffe konfrontiert. Das betrifft am Beispiel Nordamerika den Export und den Import gleichermaßen:
Das unerwartet gestiegene Frachtaufkommen aus Asien während der Pandemie, stellt die amerikanischen Häfen vor große Probleme. Tatsächlich hat sich der Bedarf von in Asien produzierten Waren gerade während der Pandemie stark erhöht, sodass eintreffende Schiffe nicht zeitnah entladen werden können (siehe auch Equipment). Diese Entwicklung hat unmittelbaren Einfluss auf den US-Export. Schiffe, die verspätetet entladen werden, können nicht rechtzeitig wieder die Häfen verlassen. Die zurzeit durchschnittlichen Verzögerungen von 5-12 Tagen können auf dem Weg nach Europa nicht mehr aufgeholt werden. Zusätzlich hat die schlechte Wetterlage im Februar und März die Situation verschärft.
Port Congestion
Eine Überlastung der Häfen tritt auf, wenn mehr Container umgeschlagen werden müssen, als ein Terminal normalerweise zu bewältigen vermag. So kommt es zu verlangsamten Abläufen, da an den Hafenterminals mit begrenzten Arbeitskräften und geteilten Schichten aufgrund von COVID-19 gearbeitet wird.
USA
Zusätzlich zu den pandemiebedingten Problemen spielt die Trucker-Shortage und die mangelhafte Infrastruktur der Eisenbahn eine tragende Rolle bei der Port Congestion. Das trifft aktuell vor allem auf die US-Westküste zu. An der US-Ostküste, können mit Ausnahme von Savannah, die meisten Schiffe bei Ankunft einen Liegeplatz bekommen.
Europa
Auch die Terminals sind zu Umstrukturierungen gezwungen. So nehmen sämtliche Terminals in Hamburg, nur noch 48-72 Stunden vor Schiffsankunft die Container an. Ähnlich ist die Situation in Antwerpen und Rotterdam. Das führt nicht nur zu einem erhöhten operativen Aufwand bei Kunden und Speditionen, sondern auch zu erhöhten Kosten, die durch Zwischenlagerung der Lieferungen oder Anpassung der Containergestellungen entstehen. Diese Kosten gehen zu Lasten der Ware.
Ähnlich verhält es sich im Stückgutbereich. Die CFS (Container Freight Station) haben kaum noch Kapazitäten Sendungen zwischenzulagern. Daher dürfen auch im LCL Bereich Sendungen nur bis zu 48 Stunden vor Ladeschluss angeliefert werden – große Sendungen oft erst am Tag des Containerpackens.
Import LCL und FCL
USA
Beim US Export macht sich die in den USA allgegenwärtige Trucker-Shortage durch die Pandemie noch stärker bemerkbar. Preise steigen und overnight deliveries, die gerade im LCL Bereich so wichtig sind, können immer schwieriger kalkuliert werden.
Zusätzlich wiegt schwer, dass sich die Verzögerungen beim US-Import auch auf den US-Export auswirken. Schiffe, die bei Ankunft nicht entladen werden, können auch nicht rechtzeitig wieder fahren. Leider verzögert sich deshalb auch die Ankunft in den europäischen Häfen und es muss aufgrund der Situation weiterhin mit längeren Transitzeiten gerechnet werden. Sendungsempfänger in Europa sind auch mit ähnlichen Situationen wie in den USA konfrontiert. Zwar gibt es nicht so ausgeprägte Liegezeiten der Schiffe, trotzdem arbeiten Terminals, Behörden und die im LCL Bereich wichtigen CFS (Container Freight Station) coronabedingt eingeschränkt. Diese Umstände verhindern im Moment einen reibungslosen Ablauf.
Asien
Hinsichtlich der Verzögerungen gilt das gleiche für den Asienimport. Die Preise sind im LCL und FCL Bereich seit Ende des Jahre 2020 extrem hoch und Schiffsraum ist auch nach dem Chinese New Year noch knapp. Im April zeichnet sich eine leichte Entspannung beim Schiffsraum und bei den Seefrachtraten ab. Ob hier in naher Zukunft aber wieder mit den gewohnten Raten und zuverlässigen Transitzeiten zu rechnen ist, bleibt abzuwarten.
LKW
Containertransporte per LKW
Die Flexibilität der Container-Anlieferung in den Häfen ist aktuell begrenzt durch kurze Zeitfenster bei Anlieferung. Trotzdem steigt die Verweildauer der LKWs an den Terminals. Die Situation wird durch Fahrermangel und LKW-Engpässe verschärft. Ähnliche Verhältnisse gelten für die Bahnterminals. Die Abwicklung bei den Kunden und Speditionslägern ist ebenfalls aufgrund der verschiedenen Abstands- und Hygienevorschriften eingeschränkt. Es kommt vermehrt zu Wartezeiten, welche Verzögerungen der gesamten Lieferung mit sich bringen können. Das Resultat ist auch hier ein erhöhter Kostenaufwand. Dazu kommt die Anfang 2021 eingeführte CO2-Steuer, die über den Dieselpreis an den Verbraucher weitergegeben wird. Ein kontinuierlicher Anstieg der Dieselpreise ist zu erwarten.
Landverkehre
Dieselbe Problematik wie beim Containerverkehr betrifft die Unternehmen im nationalen und internationalen LKW-Verkehr bei Abholung und Entladung bei Kunden- und Speditionslägern oder im Hafen.
Brexit
Auch der Brexit hinterlässt seine Spuren in der LKW-Logistik, denn durch die Umstellungen zum Jahreswechsel haben sich die Transportkosten – je nach Transportart – um 25% bis 60 % erhöht. Das Transportvolumen wird weniger, die Abfertigungszeiten mehr. Insgesamt exportierten die Briten im Januar fast 41% weniger in die EU als noch im Dezember 2020.
Seit dem 01.01.2021 müssen alle Holzverpackungen bzw. Ladehilfsmittel (Kisten, Paletten Stauhölzer etc.), die für den Transport von und nach Großbritannien verwendet werden, den internationalen ISPM 15 Standard erfüllen. Das bedeutet, es dürfen nur noch Hölzer genutzt werden, die einer Wärmebehandlung (HT) unterzogen wurden und entsprechend gekennzeichnet sind (IPPC), was auch hier einer Kostenerhöhung gleichkommt. Es kann zu entsprechenden Kontrollen kommen und somit zu Verzögerungen führen.
Wir weisen darauf hin, dass Interfracht leider keinen Einfluss auf die aktuelle Situation hat. Wir gehen davon aus, dass sich die allgemeine Marksituation frühestens zur zweiten Jahreshälfte normalisieren wird.
Wir möchten mit einer transparenten Kommunikation der aktuellen Herausforderungen versuchen, unsere Kunden informiert zu halten sowie ihre Transportanfragen/-Buchungen jeglicher Art zu erleichtern und so angenehm wie möglich zu gestalten. Bei Fragen stehen Ihnen unsere Mitarbeiter jederzeit bereit und helfen Ihnen gerne die bestmögliche Transportlösung für Sie zu finden.